Geschichtliche und soziale Bedeutung von Bierfamilien

Als Grundgebilde des menschlichen Zusammenlebens ist die Familie zugleich die am weitesten verbreitete soziale Gruppe. Bierfamilien lassen sich im weiteren Sinn mit einer normalen Familie vergleichen. Gegenwärtig stehen bestimmte Fragen über die Bedeutung der Familie als Gruppe, in der sich die grundlegenden Erziehungsprozesse abspielen, im Vordergrund. Durch die Sozialisation des Nachwuchses leistet die Familie die zweite soziokulturelle Geburt des Menschen und verklammert das Individuum mit der weiteren Sozialstruktur. Die Familie wird als differenziertes soziales System mit einer komplexen Rollenstruktur begriffen.

Bereits in der Mehrzahl der Frühkulturen waren Familie und Sippe die eigentlichen Religionsgemeinschaften. Innerhalb der Familie war die Wahrnehmung von Funktionen als sehr wichtig betrachtet worden.

Die Bierfamilien sehen sich als eine Erweiterung der Lebensform der elterlichen Familie. Durch den Beginn eines Studiums, was meist das Verlassen des Elternhauses zur Folge hat, wollte man ein neues Umfeld für die Mitglieder schaffen. Dass dabei die Form der Familie gewählt wurde. stammt aus dem christlichen Glauben an Werte und Traditionen der Gesellschaft, wobei auch die Aufnahme in die Verbindung mittels einer Taufe geschieht. Der Getaufte wird somit in den Kreis einer bis ans Lebensende bestehenden Gruppe aufgenommen.

Entstehung

Bierfamilien haben ihren Ursprung weit in der Vergangenheit. Als die ersten Verbindungen gegründet wurden, führte man gewisse Hierarchien innerhalb der Mitglieder ein, welche bis heute Bestand haben. Durch die Erfahrenheit der Burschen gegenüber den Füchsen entstand eine Abhängigkeit der Neueingetretenen von den höheren Semestern. Die Burschen übernahmen die Aufgabe, die Füchse zu erziehen und galten als Ziehväter für ein studentisch korrektes Leben. Damit eine engere Beziehung zwischen unterschiedlichen Semestern entstand, nahm sich ein Bursche einen Fuchs zu seinem Biersohn, um noch direkter Einfluss auf denjenigen zu haben. So entstanden Verhältnisse, wie sie zwischen Vater und Sohn herrschen sollten. Natürlich entstand über Jahre hinaus auch ein Generationenwechsel, was bedeutete, dass sich ein Stammbaum zu entwickeln begann.

Sinn und Zweck

In eine Bierfamilie rutscht man eigentlich einfach so herein, ohne im Voraus zu wissen, welche Leute da überhaupt drin sind. Der primär wichtigste Kontakt besteht zwischen dem Biersohn und seinem Biervater. Der Biervater übernimmt die Pflicht, seinen Leibfuchsen vor dem BC (Burschenkonvent) zu vertreten. Bei Problemen innerhalb der Verbindung ist der Leibbursche. neben dem Hohen Fuchsmajoren, die erste Ansprechperson. Er hat die Interessen des Fuchsen dem BC klarzumachen, muss in Streitfragen für die Rechte des Fuchsen schauen. Ausserdem soll der Biervater den Sohn in die Verhältnisse des akademischen Lebens einführen und ihm im Studium beistehen.

Die Erziehung zu einem ehrbaren Mitglied der Verbindung zählt ebenfalls zur Aufgabe des Leibburschen. Er übernimmt somit Pflichten, welche auch einem normalen Familienvater zukommen. Die Beziehungen und Verhältnisse können aber aufgrund der kurzen Generationsdauer besser von beiden Seiten her verstanden werden, da auch der Altersunterschied der einzelnen Mitglieder sehr gering ist.

Quelle: www.bodania.ch

Die Bierfamilien gibt es auch in der Commercia Schaffhausen

Die Commercia Schaffhausen hat vier Bierfamilien. Drei lauten auf die Namen von Gründern: Heinrich Nüssle v/o Karat, Albert Uehlinger v/o Kredit und Albert Fuchs v/o Spatz. Die vierte ist nach Max Andreas Maier v/o Kompass benannt.

In der Commercia Schaffhausen wählt ein Fuchse einen Biervater. Dieser Biervater (Alter) übernimmt die Aufgabe eines Paten für den Fuxen (Junge). Jedes neue Mitglied sollte eine Ansprechperson innerhalb der Verbindung finden. Als äusseres Zeichen übergibt der Alte dem Jungen einen Bierzipfel mit Widmung. Im Gegenzug bedankt sich der Junge mit einem Weinzipfel.

Der (nicht mehr ganz) aktuelle Bierfamilien-Stammbaum kann als PDF heruntergeladen werden.